Orozas, Tarija: Archäologie und Felsbilder


In Orozas, Dept. Tarija wird im Oktober 2023 (vorläufig) ein internationales Forschungsprojekt zu Archäologie und Felsbildern beendet. Die bolivianische Felsbildergesellschaft SIARB erhielt Ende 2022 die Förderung der deutschen Botschaft beziehungsweise des Auswärtigen Amts der Bundesregierung für die Arbeiten mit dem Ziel, die Einrichtung des ersten archäologischen Parks im Süden Boliviens vorzubereiten. Vorausgegangen war ein Besuch von Heiko Prümers (Deutsches Archäologisches Institut, Bonn), der 2019 mit einem Dron eine fotografische Aufnahme der Felsplatte mit Petroglyphen vornahm und einen vorläufigen Plan erstellte. Die anschließende Pandemie verzögerte den Beginn des Projektes um Jahre.

Orozas befindet sich in den zentralen Tälern von Tarija im Municipio Padcaya (eine Stunde Fahrt von der Stadt Tarija). Die Anwohner leben von Landwirtschaft und Viehzucht. Ein archäologischer Park kann eine Touristenattraktion und damit eine willkommene Einnahmequelle sein.

Unter der Leitung von Matthias Strecker und Lilo Methfessel war ein Jahr lang ein internationales Team tätig. Ein Topograph erstellte einen Vermessungsplan. Roberto Mobarec vom Museum in Tarija untersuchte die Geologie des Platzes. Françoise Fauconnier (Belgien) fertigte einen Plan mit Lokalisation der Felsbilder und genaue Umzeichnungen an, klassifizierte Motive und – zusammen mit M. Strecker – erzielte eine Annäherung an die chronologische Abfolge der Darstellungen. Der Konservator Freddy Taboada untersuchte den Erhaltungszustand der Stätte und legte einen Managementplan vor. Die Archäologinnen Mirtha Gómez, Claudia Rivera und ihre Helfer (UMSA, La Paz) nahmen eine kleine Ausgrabung in einem Siedlungsplatz vor und analysierten die Funde. José Capriles ließ im Labor der Universität von Pennsylvania (USA) organisches Material datieren, das eine Besiedlung von 800-1200 n.Chr. belegt. Die Ergebnisse werden in einem Buch vorgestellt, das Texte in Spanisch und Englisch und zahlreiche Abbildungen  enthält. 

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Ansicht des Berges, auf dem sich archäologische Siedlungsreste befinden                                     Foto: Matthias Strecker

Mörser und Reibstein in der archäologischen Stätte

Foto: Matthias Strecker

Im Mittelpunkt der Untersuchung standen die Felsgravierungen, die sich teilweise auf einer Wand an der Seite eines Weges befinden, zum größten Teil auf einer großen Felsplatte auf der anderen Seite des Flusses Orozas. 


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Felswand mit Gravierungen (Foto: Lilo Methfessel)

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Felsplatte, Detail. Foto: Lilo Methfessel


Die Motive bestehen vor allem aus folgenden Kategorien:


  • Menschliche Figuren in großer Vielfalt und verschiedenen Stilen, einige davon tragen Objekte, zum Beispiel Pfeil und Bogen, oder sind mit Kopfschmuck ausgestattet. 

  • Weibliche Figuren mit einem Fötus im Körper, die – soweit wir wissen – in ganz Bolivien nur in Orozas vorkommen. 


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   Details der Felsplatte mit weiblichen Figuren (Fotos: Robert Mark, Lilo Methfessel)


Gravierungen der Felswand

Zeichnung: Françoise Fauconnier


  • Pastorale Szenen: menschliche Figuren und Lamas, Lamas innerhalb eines Geheges. 

  • Fußdarstellungen.

  • “Masken” in Dreiecksform.

  • Waffen: Äxte.

  • Darstellungen von Brustschmuck (“pectoral”).

  • Tierfiguren: Lamas, Affen, Eidechsen-ähnliche Tiere (“lagartos”), Strauße (“ñandúes”), Schlangen und Wildkatzen.

  • Abstrakte Figuren: Kreise, Spiralen, Schlangenlinien.

  • Rechteckige Figuren, die im Inneren verziert sind und vermutlich Textilien darstellen. 

  • Andere abstrakte, komplizierte Gebilde, die sich zum Teil durch strenge Symmetrie auszeichnen.


Wie kann die Stätte langfristig geschützt und für den Tourismus genutzt werden? Das ist eine große Herausforderung angesichts der Tatsache, dass schon Vandalismus vorgekommen ist und die Anwohner gern ihre Ziegen und Esel über die Felsplatte laufen lassen. Im Oktober 2023 findet ein Workshop in Padcaya statt, in dem Mitgliedern der Gemeindeverwaltung und Dorfbewohnern von Orozas der Managementplan vorgestellt wird. Die Verwaltung und touristische Nutzung kann sicherlich erst allmählich erreicht werden. Dazu müssen Tourismus-Führer ausgebildet werden.


Besucher von Orozas sollten zunächst die Gravierungen an der Felswand am Rand der Straße betrachten, dann den Fluss überqueren und entlang des Randes der Felsplatte gehen, wo sie eine der eindrucksvollsten Konzentrationen der Bilder vorfinden, und anschließend auf den Berg steigen, wo sich die archäologische Siedlung befand. Der Berg wird von den Anwohnern “Bella Vista” genannt und bietet tatsächlich einen imposanten Ausblick in das Tal. Die ganze Tour kann bequem in zwei Stunden gemacht werden.

Blick vom Berg in das Tal von Orozas

Foto: Lilo Methfessel


Noch eine Empfehlung: Das genannte Buch mit seinen vielen Abbildungen vermittelt eine gute Einführung in die Gegend, Archäologie und Felsbilder und kann beim Verfasser dieses Artikels bestellt werden.

Matthias Strecker

strecker.siarb@gmail.com


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